verbreitung & lebensraum

Emys Orbicularis
In Österreich lebt die Europäische Sumpfschildkröte in den östlichen Donauauen sowie in den March- und Murauen.

Die Europäische Sumpfschildkröte Emys orbicularis bewohnt ein riesiges Verbreitungsgebiet von Nordafrika über Spanien, Frankreich, Mitteleuropa, Italien, die Balkanhalbinsel bis weit nach Russland, die Türkei und den Iran. Derzeit wird sie in dreizehn Unterarten unterteilt. Die Emys orbicularis orbicularis ist die einzige in Österreich heimische Schildkrötenart (Lobau, Donauauen östlich von Wien).


Aufgrund ihres Verbreitungsgebietes erkennt man unschwer, dass Emys orbicularis die einzige Schildkrötenart ist, die in eigentlich für diese Tierordnung eher untypische nördliche Klimazonen Europas vordringt. Aus diesem Grund ist sie geradezu prädestiniert für die ganzjährige Pflege in einem Gartenteich. Sie bewohnt die unterschiedlichsten Gewässerformen wie Sumpflandschaften, größere und kleinere Seen, Tümpel, Bäche, Flüsse, Kanäle, Drainage- sowie künstliche Be- und Entwässerungsgräben. In einigen Verbreitungsgebieten findet man sie sogar in Brackwasserzonen.


Die Europäische Sumpfschildkröte bevorzugt schwach fließende bis stehende Gewässer mit weichem Bodengrund und üppiger Vegetation sowohl im Wasser als auch an den Uferrändern.



merkmale

Merkmale der Emys Orbicularis
Oben die typisch braune Irisfärbung eines adulten Männchens, darunter die gelbe Iris eines Weibchens.

Das äußere Erscheinungsbild von Emys orbicularis kann aufgrund der weiträumigen und unterschiedlichen Verbreitungsgebiete stark variieren. Die Europäische Sumpfschildkröte hat einen ovalen, nur schwach gewölbten Rückenpanzer, der eine Länge von ca. 20 cm erreichen kann.


Der bei den Jungtieren stark ausgeprägte Rückenkiel nimmt mit fortschreitendem Alter ab und ist bei Alttieren gar nicht mehr zu finden. Die Färbung des Carapax reicht von gelbbraun und olivbraun über braun bis schwarz und weist eine Zeichnung mit vielzähligen strahlenförmigen Linien oder Punkten auf. Der Bauchpanzer ist relativ vollflächig ausgebildet und hat zwischen Brust- und Bauchschild ein mäßig bewegliches Scharnier, welches erst bei adulten Tieren fertig ausgebildet ist. Die Farbe variiert von einfarbig schwarz oder dunkelbraun bis gelblich. Die Grundfarbe von Kopf und Gliedmaßen ist schwarz und mit einer gelben, mehr oder weniger strahlenförmig verlaufenden Punktzeichnung versehen. Der Schwanz ist speziell bei Jungtieren relativ lang. Zwischen den Zehen befinden sich gut entwickelte Schwimmhäute. Die Männchen haben oft rötliche Augen, einen konkaven Bauchpanzer sowie längere und an der Wurzel dickere Schwänze als die Weibchen. Die Irisfarbe der Weibchen ist gelb.



haltung

Es gibt wohl keine andere Sumpfschildkrötenart, die besser für die Freilandhaltung in Mitteleuropa geeignet ist als die Emys orbicularis. Entscheidet man sich für die Pflege der Europäischen Sumpfschildkröte, so gibt es dennoch einiges bei der Planung der Freilandanlage zu beachten. Durch die ganzjährige Haltung im Freiland bietet man den Tieren den Jahresrhythmus, der für die anzustrebende Zucht notwendig ist. Der Wasserteil muss an einer Stelle eine Tiefe von mindestens einem Meter aufweisen, da die Europäische Sumpfschildkröte ihre Winterruhe für gewöhnlich im Wasser auf dem Bodengrund schlafend hält und der Teich auf keinen Fall bis dorthin durchfrieren darf. Es ist wichtig, darauf zu achten, dass sich keine zu hohe Schicht aus Pflanzenresten oder ähnlichen organischen Substanzen auf dem Bodengrund des Teiches befindet, da die bakterielle Zersetzung dem Wasser den Sauerstoff entzieht, den die Sumpfschildkröten während der Überwinterung zum Überleben benötigen. Der Teich, die Uferzonen und der Landteil sollten eine üppige, schützende Vegetation aufweisen, die aber keinesfalls so dicht sein darf, dass sie die wärmende Kraft der Sonne abfängt. Wichtig sind möglichst flach ansteigende, griffige, Teichufer, da bei kühleren Temperaturen Emys relativ unbeholfen sind. Bei ungeeigneten Ufern besteht daher die Gefahr des Ertrinkens sobald die Tiere bei kühlen Temperaturen versuchen an die Wasseroberfläche zu klettern. Der Einfriedung einer Freilandanlage muss besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, da Emys orbicularis ein guter Kletterer ist und häufig Ausbruchsversuche unternimmt. Ideal ist eine glattwandige Umzäunung (Plastik- oder Betonwand), da zum Beispiel feinmaschiger Draht mühelos von den Tieren kletternd überwunden wird. Kommt eine Einfriedung aus rauem Material zum Einsatz so sollte diese in jedem Fall mit einem überkragenden Rand ausgeführt werden.

Terrarium der Emys Orbicularis
Schema eines Freilandterrariums: 1) Original-Gartenniveau, 2) Betonschalstein mit Erde gefüllt, 3) Holzleiste als Klettersperre, 4) abgesenktes Terrarienniveau, 5) Quellstein, 6) Sandwich-Teichaufbau, 7) Umwälzpumpe, 8) Frostfreie Tiefzone 100 cm, 9) Holz


nachzucht

Paarung Emys Orbicularis
Ein paarungswütiges Männchen stellt einem Weibchen nach.
Eiablage der Emys orbicularis
Ein Weibchen bei der Eiablage.
Eigrube der Emys orbicularis
Die Emys orbicularis legt Ihre Eier in eine Grube, die sie mit einem „Deckel“ aus Erde verschließt.
Schlüpfling Emys orbicularis
Ein Schlüpfling öffnet mit dem "Eizahn" die Schale und weitet die Öffnung mit den Vorderbeinen.

Der Gartenteich kann mit relativ vielen Tieren besetzt werden, da die Europäische Sumpfschildkröte auch in freier Natur zum Teil in großer Individualdichte vorkommt. Für eine Zuchtgruppe von zwei bis drei Männchen und mehreren Weibchen (3,5) sollte die Wasserfläche etwa 8–10 m2 betragen. Nach der von Anfang November bis Ende März dauernden Winterruhe setzen mit Anstieg der Temperaturen die Paarungsaktivitäten ein.


Geschlechtsreif werden Männchen mit etwa 12 cm und Weibchen mit ca. 15cm Panzerlänge. Die Hauptpaarungszeit liegt im April und Mai, wobei verschiedentlich auch noch Paarungen im Herbst (September/Oktober) beobachtet wurden. Männliche Tiere sind sehr paarungswütig. Es kann vorkommen, dass einzelne Weibchen das Wasser für Tage verlassen, um den Nachstellungen durch die Männchen zu entgehen.


Je nach Witterung werden in den Monaten Mai bis Juli pro Weibchen 1 bis 3 Gelege abgelegt. Die Eiablage erfolgt bevorzugt in den Abendstunden. Zumeist suchen die Weibchen auch schon an den Vortagen, abends den Landteil nach einem geeigneten Ablageplatz ab. Bevorzugt werden Plätze mit leichtem Südhang, mäßiger Verkrautung und leicht sandigem Bodensubstrat angenommen.


Nach der Eiablage werden die Eier vorsichtig entnommen und in der Lage, in welcher man sie findet, in ein leicht feuchtes Substrat (z. B. Vermiculite) gebettet. In einem geeigneten Inkubator werden dann die Eier bei relativ hoher Luftfeuchtigkeit (ca. 70–90% bebrütet. Ein Gelege kann aus bis zu 16 Eiern bestehen, am häufigsten werden jedoch 9 bis 10 Eier abgelegt. Sie sind weiß, elliptisch geformt und haben eine mäßig harte aber geschmeidige Schale. Bei einer Zeitigungstemperatur von 24 bis 28°C schlüpfen nur Männchen, bei 30°C schlüpfen ausschließlich Weibchen. Je nach Temperatur beginnt der Schlupf der Schildkrötenbabys nach 60 bis 80 Tagen. Die kleinen Sumpfschildkröten haben eine Panzerlänge von 20 bis 25 mm und wiegen ca. 4 bis 6 Gramm.


Bei den Schlüpflingen der Europäischen Sumpfschildkröte ist, wie bei zahlreichen anderen Arten, der Bauchpanzer noch nicht vollständig geschlossen und Reste des Dottersacks können noch vorhanden sein. Um Infektionen zu vermeiden, ist es daher wichtig, die Schildkrötenbabys die erste Woche unter sterilen Bedingungen zu halten. Hierfür setzt man die Tiere einzeln in kleine Glas- oder Kunststoffbecken. Damit der Nachwuchs weder ertrinken noch vertrocknen kann, wird der Wasserstand bei wenigen Millimetern gehalten. Der Aufzuchtbehälter für die kommenden Wochen sollte groß genug für mehrere Jungtiere sein, da sich Futterneid besonders vorteilhaft auf die Nahrungsaufnahme der Schildkrötenbabys auswirkt. Wichtig ist ein Landteil (z.B. aus Zierkork) im Aufzuchtbecken, der mit einem Strahler tagsüber lokal auf 30 bis 35°C aufgeheizt wird. Die Wassertemperatur sollte tagsüber auf maximal 26°C ansteigen und in der Nacht bis auf 20°C absinken. Deshalb ist auch von einer zusätzlichen Stabheizung im Wasser Abstand zu nehmen.


Ein regelmäßiger, vollständiger Wasserwechsel im Jungtierbecken, sowie eine gründliche Reinigung der Einrichtung ist für das Wohl der Tiere unerlässlich. Den Jungtieren bekommt jedoch ein Freilandaufenthalt mit natürlicher Sonnenein- strahlung am besten. Zu berücksichtigen ist, dass sich ein kleiner Wasserteil schnell aufheizen kann und die Gefahr der Überhitzung besteht. lm Zweifelsfall müssen die "Kinderstuben" leicht abgeschattet werden. Für die Freilandhaltung von Jungtieren ist eine Lattenkonstruktion mit Folienauskleidung sehr gut geeignet und leicht selbst herzustellen.



jungtierbecken

Jungtierbecken für Emys Orbicularis
Mobiles Folienteichbecken für Jungtiere

Auch den Jungtieren wird im Winter eine Ruhephase von vier bis sechs Wochen geboten. Dazu werden die Tiere in flache Wasserschalen gesetzt und in einen kühlen Keller verbracht. Ebenso eignen sich aber auch Behälter mit feuchtem Substrat wie Torfmoos (Sphagnum) und lockerem humosen Erdboden, in welchem sich die Jungtiere leicht eingraben können. Die optimale Überwinterungstemperatur liegt zwischen vier und sechs Grad. Auch ein Kühlschrank stellt eine ideale Überwinterungsmöglichkeit dar. Es ist dabei lediglich auf ausreichendes Lüften des Kühlschrankes zu achten. Ab dem zweiten Lebensjahr können die Tiere bereits mehrere Monate überwintert werden.


Für die Haltung der Jungtiere im Freien während den wärmeren Jahreszeiten eignet sich ein mobiles Folienteichbecken, wie in der Abbildung links zu sehen. Die unterschiedlichen Holzlatten schaffen einen relativ flachen Uferbereich. Zur Auskleidung wird handelsübliche Teichfolie verwendet. Als Einfriedung eignen sich glatte, wetterfeste Kunststoffplatten. Je nach Gegebenheit sollte auch eine Gitterabdeckung (Vogelschutz) und eine Teilschattierung (Überhitzungsschutz) überlegt werden. Um den Wasserwechsel zu vereinfachen, empfiehlt es sich, einen Spülbeckenabfluss mit Gummistopfen in die Folie einzubauen.



fütterung

Fütterung der Emys Orbicularis
Ein Weibchen nähert sich im Schutz der Wasserpflanzen dem Gelatinefutter.

Besonders wichtig ist es, gerade den Jungtieren abwechslungsreiches und mit Vitamin- und Kalkgaben versehenes Futter anzubieten. Deshalb werden zu Anfang die Jungtiere täglich mit Lebendfutter (Tubifex, Mückenlarven, Wasserflöhen, kleinen Regenwürmern, usw.) gefüttert, sofern dieses nicht im Aufzuchtsteich ohnehin zur Verfügung steht. In den meisten Fällen wird auch bereits fein gehacktes Gelatinefutter gerne angenommen. Ab dem 2. Lebensjahr genügt eine zwei- bis dreimalige Fütterung pro Woche mit Gelatinefutter, Fleisch und Fisch, oder Trockenfutter für Forellen. Die Futterverabreichung geschieht am besten im flachen Wasser. Da frisches Futter am liebsten gefressen wird, ist es am besten regelmäßig in sinnvollen Portionen zu füttern. Futterreste welche nach 1-2 Stunden nicht angenommen wurden, sollten aus hygienischen Gründen entfernt werden.


Da von den Tieren bei Temperaturen unter 10°C keine Nahrung angenommen wird, ist bei derartigen Bedingungen auch jegliche Futterverabreichung überflüssig. Erst bei steigenden Temperaturen und stärker werdender Lichtintensität erhöht sich wieder die Bereitschaft zur Futteraufnahme. Pflanzliche Kost wird völlig verschmäht. Gelatinefutter hat sich aufgrund der vielen Vorteile bezüglich Handhabung und Nährstoffzusammensetzung als optimales Futtermittel für die Wasserschildkrötenhaltung herausgestellt. Ganz besonders hat sich ein von Brigitte Artner entwickeltes Rezept bei vielen erfolgreichen Züchtern im In- und Ausland durchgesetzt.


Sie finden das Rezept unter Download (Die angeführten Mengenangaben zur Herstellung dieses Gelatinefutters beziehen sich auf ca.12 Liter Fertigfutter.)